Notengebung

Kurzdefinition:
Die Beurteilung und Rückmeldung des Leistungsstandes ist eine den Lernprozess begleitende Maßnahme des Lehrenden in der Ausübung seiner Unterrichtstätigkeit. In der Regel erfolgt die Beurteilung über Noten. Hier werden die individuellen Leistungen einer lernenden Person in eine Messgröße überführt.
Beschreibung:
Unterrichten umfasst nicht nur die Förderung und Beratung von Schülerinnen und Schülern. Als „hochsensiblen Bereich des Lehrer-Schüler-Verhältnisses“ (Wengert 2000, S.240) beinhaltet die Tätigkeit von Lehrenden auch die Leistungsfeststellung im Sinne der Leistungserfassung und -bewertung. Dieser im Schulalltag z.T. als selbstverständlicher Teil angesehene Prozess ist nicht unproblematisch – tritt hier die lehrende Person doch in unterschiedlichen Rollen auf.

Hinzu kommt nach Wengert (2000, S.240), dass die zum Einsatz gelangenden Instrumente (Noten) nicht unumstritten sind. Aus Sicht der Lernenden berichtet der Autor den nachhaltigen Wunsch nach gerechten Beurteilungen. Wengert (2000, S.249) spricht hier aber auch davon, dass dieses Vorgehen zwar ungenau aber nicht unsinnig sei.

Die Notenskala umfasst heute sechs Bereiche: (1) Die Leistung entspricht den Anforderungen im vollen Maße. (2) Die Leistung entspricht den Anforderungen voll. (3) Die Leistung entspricht den Anforderungen im Allgemeinen. (4) Die Leistung weist Mängel auf, entspricht der Anforderung aber im Allgemeinen. (5) Die Leistung entspricht den Anforderungen nicht, es ist erkennbar, dass Grundkenntnisse vorhanden sind. Eine Beseitigung der Mängel ist absehbar. (6) Die Leistung entspricht den Anforderungen nicht. Die Grundkenntnisse sind erkennbar lückenhaft. Eine Beseitigung der Mängel ist in absehbarer Zeit nicht in Sicht.

Funktionen

Folgende Funktionen werden nach Wengert (2000, S. 240ff.) in Notengebung gesehen:

Berechtigungsfunktion: Schulnoten belegen, dass ein Schüler, eine Schülerin die ausreichenden Leistungen zeigt, um z.B. eine weiterführende Schule zu besuchen.

Selektionsfunktion: Mit Hilfe von Noten werden Schülerinnen und Schüler für Maßnahmen ausgewälht (auch Ausbildungsgänge).

Zuteilungsfunktion: In Schulsystemen mit unterschiedlichen Lernlaufbahnen werden Schülerinnen und Schüler aufgrund ihrer durch Noten dokumentierten Leistungen den entsprechenden Institutionen zugewiesen.

Hinsichtlich der genannten Funktionen ist erkennbar, dass die

Rückmeldefunktion: Noten sind auch eine Information für den Lernenden, hinsichtlich der Performanz von Lerninhalten (nicht hinsichtlich des Lernens). Auch der Lehrende kann über die Ergebnisse der Lernenden Informationen über die Qualität seines Unterrichtes erhalten. Eine bloße Nennung einer Note erscheint dabei im Schulalltag unzureichend – um die Funktion der Rückmeldung zu erfüllen, bedarf es der Erläuterung und Interpretation (vgl. Wengert 2000, S.242). Im Einzelfall werden auch Eltern aus den Noten des Kindes eine Bestätigung ihrer Erziehungsmethoden und Erziehungsansatzes ziehen, resp. bei Schulversagen auch das eigene Vorgehen hinterfragen.

Berichtsfunktion: Noten teilen auch Eltern den aktuellen Leistungsstand des Kindes mit. Wengert (2000, S. 243) betont, dass Noten der häufigste (und aus seiner Sicht oft auch der einzige) Grund für die Inanspruchnahme von Sprechstunden seien.

Anreiz- und Disziplinierungsfunktion: Noten können als Belohnung für das Erreichen von Leistungszielen einen Anreiz bieten, auch die Furcht vor Versagen (und entsprechend „schlechten“ Noten) kann Schülerinnen und Schüler motivieren. In diesem Kontext können Schulnoten leicht zur Disziplinierung eingesetzt werden. Dieser Einsatz erscheint im Sinne eines „Bestrafungstrainings“ durchaus problematisch. Zudem weist Weiss (1971, S. 55 zitiert nach Wengert 2000, S. 243) darauf hin, dass ein Streben nach guter Leistung nicht durch ein Streben nach guten Noten überdeckt wird. Zudem sind Noten als Maßnahme der Disziplinierung letztlich mit Angst assoziiert.

Prädiktorfunktion: Weiterhin werden Noten dafür verwendet, eine prognostische Funktion auszufüllen: So soll anhand der aktuellen Leistungswerte ein Schluss auf den zukünftigen Erfolg von Schülerinnen und Schülern in zum Teil völlig anderen Bereichen möglich sein. So stellen z.B. Schulempfehlungen eine solche Prognose dar (neben Selektions- und Zuweisungsfunktion).

Die Vielzahl der Funktionen und die damit zum Teil gravierenden Konsequenzen für den Lebensweg der Schülerinnen und Schüler verweisen auf die besondere Verantwortung, die dem Lehrenden beim Einsatz von Noten zukommt.

Normen

Die Beurteilung von Lernenden über Noten erfolgt in der Regel anhand von Normen.

So kann die Leistung einer Person im Vergleich zur Leistung Dritter bestimmt werden. Als soziale Bezugsnorm stehen verschiedene Gruppen zur Verfügung: Die Spanne reicht von gesellschaftlichen (Teil-) Gruppen über Gruppe wie die der Gleichaltrigen bis hin Schulklasse. Noten haben dabei selbst widerum einen normativen Charakter, da sie die hauptsächliche Form der Schüler*innenbewertung darstellen. Aufgrund dieser Norm ist mit einer Auswirkung auf das Selbstwertgefühl der Schülerinnen und Schüler zu rechnen (vgl. Tascher 2004, S. 176). Ein Teufelskreis kann insbesondere dann entstehen, wenn eher leistungsschwache Schülerinnen und Schüler, aufgrund der schlechten Noten, ihr negatives Selbstbild noch verstärken. Schlag (2009, S. 131) weist aber auch darauf hin, dass dies nicht allein von der Notengebung verursacht wird, sondern auch vom Verhalten der Schülerinnen und Schüler, Eltern und Lehrkräfte selbst.

Bei individuellen Bezugsnormen wird die aktuelle Leistung der Schülerinnen und Schüler im Verhältnis zu früheren Leistungen betrachtet. Als Beispiel nennt Wengert (2000, S. 245) verbale Beurteilungen, bei denen eine Person sich zwar in ihrem Rangplatz im Vergleich zu anderen Schülerinnen und Schülern nicht verändert hat, aber eine persönliche Veränderung zu verzeichnen ist.

Die kriteriumsorientierte Bezugsnorm setzt die individuelle Leistung in ein Verhältnis zu einem Kriterium (z.B. ein Lernziel).

Interne Verweise:
Beobachtungs- und Bewertungsfehler

Gütekriterien

Kompetenzmessung

Leistungsbeurteilung

Lernerfolgsmessung

Verwendete Quellen:
Schlag, B.: Lern- und Leistungsmotivation. 3. Auflage. Wiesbaden: VS Verlag. 2009.

Tascher, T.: Wohlbefinden in der Schule. Münster: Waxmann Verlag. 2004.

Wengert, H. G. : Leistungsbeurteilung in der Schule. In: Bovet, G. & Huwendiek, V. (Hrsg.): Leitfaden Schulpraxis. 240-263. Berlin: Cornelsen. 2000.

Weiterführende Literatur:
Minde, A.: Schulnoten: Der Einfluss von Leistungsbeurteilungen auf die Schülermotivation. Saarbrücken: Vdm Verlag Dr. Müller. 2006

Tent, L., Fingerhut, W., Langfeldt, H.-P.: Quellen des Lehrerurteils. Untersuchungen zur Aufklärung der Varianz von Schulnoten. Weinheim: Beltz. 1982.

Vogel, W. (Hrsg.): Leistungsbeurteilung in der Berufspädagogik. Hamburg: Verlag Dr. Kovac. 2007.

Weiss, R.: Aufgaben der Zensuren und Zeugnisse. In: Ingenkamp, K. & al (Hrsg.): Die Fragwürdigkeit der Zensurengebung. 52-55. Weinheim: Beltz. 1971.

Internetverweise:
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Regelungen zur Leistungsfeststellung in der Schule (Bernd WERNER, Mainz Mai 2012)

K.r.a.e.t.z.e.: Schulnoten abschaffen!

Spiegel Online: Halbwegs gerecht.

Muss es in der Schule Noten geben?

Materialien:

Verantwortlich: Rolf Arnold, FB Pädagogik, TU Kaiserslautern und Studierende; Thomas Prescher;

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