Mentale Repräsentation

Kurzdefinition:
Bei einer mentalen Repräsentation handelt es sich um die Darstellung und Speicherung von Wissen im menschlichen Gehirn. Dabei kann das Wissen unterschiedlich dargestellt und strukturiert sein. Darstellungsformen sind z.B. Bilder, Worte, Zeichen, Gerüche, Geschmack, Emotionen oder Geräusche. Strukturierungen von Wissen können z.B. netzwerk- oder diagrammartig, hierarchisch oder szenisch sein. Unterrichtsrelevant sind die Möglichkeiten der Darstellung nach Case (1985), da die mentale Repräsentation abhängig ist von den Entwicklungsstufen der Schüler*innen.
Beschreibung:
Die mentale Repräsenation ist die Verlagerung der Welt nach Innen. „Mentale Vorstellungen bzw. Konzepte von Wirklichkeit entwickeln sich als ´verinnerlichte Strukturen´ in der Regel aus ´äußeren´ konkreten gegenständlichen Handlungen in der Auseinandersetzung mit Gegenständen in Alltagssituationen.“ (Fischer 2008, S. 231). Case (1985) formuliert in Anlehnung an Piaget vier Entwicklungsstufen, die ein Kind durchläuft. Diese sind durch verschiedene Formen der mentalen Repräsentation von Inhalten geprägt.
  • Auf der Ebene der sensomotorischen Operationen sind die Repräsentationen Sinneswahrnehmungen und die denen entsprechenden Aktionen als Körperbewegungen.
  • Die Ebene der repräsentationalen (anschaulichen) Operationen zeichnet sich durch innere Bilder aus. Handlungen erzeugen dabei Bilder.
  • Bei den logischen Operationen ist die Vorstellung abstrakter Natur. Es kann nun Verständnis für Zusammenhänge erworben werden. Die Strukturierung von Inhalten gelingt leichter. Nach Case (1985) können Kinder hier z.B. ein Verständnis für Begriffe wie Kaufen, Bezahlen oder Gewinnen erwerben.
  • Hier schließen sich formale Operationen an. Neben der abstrakten Repräsentation können nun auch komplexe Transformationen durchgeführt werden. Auf dieser Ebene können Kinder in Bezug auf den Geldverkehr umfangreiche Systeme wie den Produktions- Konsumtion Zirkel nachvollziehen.

Physische wie kognitive Voraussetzung für die oben genannten Leistungen ist es (vgl. Case 1985) die Beschränkung des Kurzzeitspeichers zu überwinden und damit eine Auseinandersetzung mit komplexen Problemen zu ermöglichen. Im Unterricht sollen dann die mentale Repräsentation mit Hilfe von Medien aktiviert werden. „Ziel ist es, kognitive Strukturen auf der Vorstellungsebene bzw. der sprachlich-begrifflichen Ebene zu initiieren. Dies ist erreicht wenn Schüler ohne konkrete Anschauung Lösungen entwickeln und Handlungsabläufe richtig wiedergeben können.“ (Fischer 2008, S. 231).

Ein erster Schritt ist die Automatisierung von Prozessen. So können Handlungen schnell und ohne große psychische Anstrengungen umgesetzt werden. Case (1985) erläutert dies am Lesenlernen: Wenn das Kind zunächst unter Mühen Buchstaben für Buchstaben identifiziert, nähert es sich einem Punkt an, an dem der Prozess des Erkennens von Wörtern keine außergewöhnliche Anforderung mehr darstellt und so Raum für die inhaltliche Auseinandersetzung geschaffen wird.

Eine weitere Rolle bei der Entwicklung des Kurzzeitspeichers spielt die biologische Reifung des Gehirns mit seiner Markscheidenbildung. „Da verschiedene Systeme im Gehirn unterschiedlich myelinisieren, können auch Leistungen, die die entsprechenden Systeme beanspruchen, erst auftreten, wenn die Markscheidenbildung in ihnen abgeschlossen ist“ (Oerter & Dreher 1995, S. 563).

Der dritte Mechanismus zur Überwindung des begrenzten Kurzzeitspeichers ist die Bildung (zentraler) Begriffsstrukturen. Begriffe und deren Beziehungen zueinander stellen eine Netzwerkstruktur dar, die Fähigkeiten wie Generalisieren erst ermöglicht. Damit kann das Kind dann neue Erfahrungen generieren und diese in das System integrieren. „Eine solche Begriffsstruktur wäre das Zusammenführen von Reihung, Klasseninklusion und Konstanz (conservation) beim Zahlenbegriff“ (Oerter & Dreher 1995, S. 563).

Interne Verweise:
Analogie

Begriffsbildung

EIS-Prinzip

Entwicklungstheorie nach Piaget und Aebli

Schlussfolgerndes Denken

Verwendete Quellen:
Case, R.: Intellecutal Development. Birth to adulthood. New York: Academic Press. 1985.

Fischer, E.: Bildung im Förderschwerpunkt geistige Entwicklung. Bad Heilbrunn: Klinkhardt. 2008.

Oerter, R. & Dreher, M.: Entwicklung des Problemlösens. In: Oerter, R. & Montada, L. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie. Weinheim: Psychologie Verlags Union. 1995, S. 561-621.

Weiterführende Literatur:
Metzinger, T.: Subjekt und Selbstmodell: Die Perspektivität phänomenalen Bewußtseins vor dem Hintergrund einer naturalistischen Theorie mentaler Repräsentation. 2. Auflage. Paderborn: Mentis Verlag Schöningh. 1999.

Sumfleth, E.& Körner, H.-D.: Mentale Repräsentation – ein lernpsychologisches Konstrukt mit Bedeutung für die Chemiedidaktik? In: Mathematisch-naturwissenschaftlicher Unterricht (44),H. 8, 1991, S. 458.

Internetverweise:
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MENTALE REPRÄSENTATIONEN: GRUNDLAGE DER ORGANISATION VON GEDÄCHTNISINHALTEN

HORST PFEIFFLE – ANSÄTZE DER MENTALEN REPRÄSENTATION BEI JEAN PIAGET

Materialien:

Verantwortlich: Rolf Arnold, FB Pädagogik, TU Kaiserslautern und Studierende; Waltraud Amberger;

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