Unterricht
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Unterricht ist eine Interaktion zwischen Lehrenden und Lernenden, bei der den Lernenden mit verschiedenen Methoden zu Kenntnissen und Haltungen unter Beachtung von Rahmenbedingungen verholfen werden soll. |
Der Begriff des Unterrichts ist in der Didaktik sehr unterschiedlich definiert. Im Lehrbuch „Vom Unterricht“ von Glöckel sind über 50 verschiedene Unterrichtsbegriffe zu finden, die seiner Meinung nach alle ihren Sinn in einem bestimmten Kontext und zur bestimmten Zeit haben bzw. hatten, und gleichzeitig fasst keine der Definitionen „das Wesen des Unterrichts allein und ganz“ (Glöckel, 2003, S. 322). Gemeinsam ist diesen Definitionen, dass sie die Absicht des Unterrichts betonen, „die individuelle Entfaltung und soziale Einordnung des Schülers durch Lehren und Lernen zu fördern“ (Schröder, 2002, S. 75, Hervorhebungen im Original).
Unterricht ist eine geplante Veranstaltung, vorwiegend im Rahmen der Schule, deren Aufgabe es ist, Schülerinnen und Schülern sowohl fachliche als auch soziale Kompetenzen zu vermitteln (vgl. Wiechmann, 2006, S. 21).
Modellvorstellung von Unterricht nach Tulodziecki, Herzig & Blömeke (2004, S. 128 ff.) Abbildung: Erweiterte Modellvorstellung von Unterricht. Quelle: Eigene Darstellung nach Tulodziecki, Herzig & Blömeke, 2004, S. 130. Die Autoren beschreiben so ihr Modell: „Die Lernenden kommen mit bestimmten Voraussetzungen in den Unterricht. Sie führen dort – unter anderem angeregt durch die Lehrperson – verschiedene Lernaktivitäten aus. Diese haben bestimmte Lernwirkungen zur Folge. Die Lehrperson geht – unter Berücksichtigung der vermuteten Lernvoraussetzungen – mit bestimmten Zielvorstellungen in den Unterricht hinein. Dort realisiert sie verschiedene Lehrhandlungen. Von diesen erhofft sie sich, dass sie die Lernenden zu Lernaktivitäten anregen, die dem Erreichen der Ziele dienen. Die real beobachteten Lernaktivitäten – einschließlich ihrer Ergebnisse, d.h. der Lernwirkungen – führen zu bestimmten Annahmen der Lehrperson zum Lernerfolg. Je nach Übereinstimmung mit oder Abweichung von ihren Zielvorstellungen modifiziert die Lehrperson unter Umständen ihre Lehrhandlungen und/oder ihre Zielvorstellungen“ (S. 128, Hervorhebungen im Original). Dazu kommen noch folgende Komponenten: die Unterrichtsinhalte, die „Erfahrungsformen […], mit denen die Inhalte vermittelt werden“ (Tulodziecki et al., S. 130) sowie die Sozialformen. Außerdem unterstreichen die Autoren in ihrem Modell die Bedeutung der Bildungseinrichtung als institutionellem Rahmen und der Lerngruppe als sozialem Bezugsrahmen. Die sozialen und institutionellen Rahmenbedingungen ihrerseits werden vom gesellschaftlichen Kontext beeinflusst.
Merkmale des Unterrichts Es sind unterschiedliche Klassifikationen von Unterrichtsmerkmalen zu finden, deren Kategorien sich teilweise überschneiden bzw. ergänzen. Hier werden vier Modelle genannt. Am umfassendsten ist das Konzept von Unterricht von Hans Glöckel. Bei Glöckel (2003, S. 322 ff., Hervorhebungen im Original) sind folgende „Wesensmerkmale“ von Unterricht zu finden: – „Unterricht besteht aus Elementen, Akten des Lehrers und der Schüler und Mitteln als Vertreter des Gegenstandes“. – „Unterricht ist Struktur“: die Elemente beziehen sich aufeinander. – „Unterricht ist eine Abfolge von Situationen“: die Elemente befinden sich in sich immer verändernden Konstellationen. – „Unterricht ist in der Zeit verlaufender, mehrschichtiger Prozess“, der den Lehr-Lernprozess als Auseinandersetzung von Lehrenden und Lernenden mit dem Gegenstand und den Sozialprozess als Auseinandersetzung der beteiligten Personen in sich einschließt. – „Unterricht ist zielstrebige Handlung. Sie ist von den Beteiligten gewollt, dient einem Zweck“. – „Zweck des Unterrichts ist Lernen“, d.h. „Erwerb von Kenntnissen, Einsichten, Fertigkeiten, Einstellungen und Haltungen“. – „Unterricht ist planmäßiges Handeln“. – „Unterricht im Vollzug bedarf der Führung im sozialen Miteinander, der Steuerung gemäß dem Handlungsplan, der Regelung im flexiblen Eingehen auf die Bedingungen der Situation, insbesondere auf das Lern- und Sozialverhalten der Schüler. Der tatsächliche Verlauf und das Ergebnis werden kurz-, mittel- und langfristig kontrolliert und gegebenenfalls korrigiert“. – „Unterricht ist Ereignis“: das Unterrichtsgeschehen wird von unterschiedlichen nicht vorhersehbaren Faktoren beeinflusst – „Unterricht ist immer gefährdet“. – „Unterricht ist Dialog zwischen Personen“. – „Unterricht setzt ein Gefälle an Wissen, Können, Einsicht, Verantwortung vom Lehrer zu den Schülern voraus“, deshalb bedeutet er immer nicht „symmetrische Kommunikation“. Dieses Gefälle ist schrittweise zu verringern, aber grundsätzlich nicht aufzuheben. – „Unterricht bedarf der Institution“. – „Unterricht tendiert zur Professionalisierung. Je stärker er institutionalisiert und organisiert ist, desto mehr bedarf er eigens für ihre Aufgabe ausgebildeter, mehr oder weniger spezialisierter, hauptamtlicher Lehrer“. – „Unterricht hat gesellschaftliche Funktion“. – „Unterricht vollzieht sich in einem „Schonraum““: komplexe reale Lebenszusammenhänge werden verlassen und als Lernanlass im Unterricht benutzt. – „Unterricht hat personale Funktion“: er trägt zu personaler Entfaltung und gesellschaftlicher Mündigkeit bei. – „Unterricht ist nicht nur Mittel zum Zweck, er hat Eigenwert“: er ist „Teilaufgabe und –maßnahme der Erziehung“.
Nach Wiechmann lassen sich drei typische Charakteristika für Unterricht feststellen, die zur Verbesserung der Qualifikationen führen. Die pädagogische Handlungsform „Unterricht“ ist:
Das heißt aber nicht, dass eine Lehrperson immer anwesend sein muss (vgl. Wiechmann, 2006, S. 76 f.).
Nach Schröder (2002) sind Lehren und Lernen „wesentliche Merkmale des Unterrichts und gehen integrativ ineinander über“ (S. 75). Er unterscheidet formale und strukturierende Merkmale des Unterrichts. – Formale Merkmale des Unterrichts umfassen die interaktional-soziale Dimension des Lehrens und Lernens und beziehen sich
– Strukturierende Merkmale schließen die didaktisch-methodische Dimension des Lehrens und Lernens ein und betreffen
Steindorf (1995) nennt seinerseits folgende Kriterien für den Unterricht: – Komplexe Sinnzusammenhänge – Die Dimension der Zeit – Absichtlichkeit und Planmäßigkeit – Methodisches Vorgehen – Berücksichtigung des Entwicklungsstandes – Sorge für Behalten und Bewahren – Mitarbeit der Schüler*innen – Sprachlichkeit – Die kommunikative Komponente
Zehn Merkmale guten Unterrichts Laut Hilbert Meyer (2003) kristallisieren sich zehn Merkmale guten Unterrichts heraus, die für alle Unterrichtsformen, sowohl für die direkten Unterrichtsformen (z.B. Frontalunterricht) als auch für die offenen Unterrichtsformen (z.B. Projektarbeit), gelten: 1. Klare Strukturierung des Lehr- Lernprozesses Durch eine nachvollziehbare Ausdrucksweise der Lehrperson und einer eindeutigen Aufgabenstellung erreicht man, dass auch schwächere Schüler*innen aufmerksam dem Unterricht folgen können. Bei offenem Unterricht ist es besonders wichtig, dass Rituale und Regeln vereinbart werden, an die man sich hält. 2. Intensive Nutzung der Lernzeit Eine Unterrichtsstunde sollte pünktlich beginnen und vor allem Fachliches und nicht Organisatorisches behandeln. Somit werden die Schüler*innen nicht durch ein Abschweifen der Lehrerkraft abgelenkt. Sie können sich auf die gestellte Aufgabe konzentrieren und die geforderten Lernziele erreichen. 3. Stimmigkeit der Ziel-, Inhalts- und Methodenentscheidungen Eine gute Unterrichtsstunde zeichnet sich durch einen „Anfang“ und ein „Ende“ aus, d.h. sie hat einen Rahmen. Des Weiteren müssen die Ziele, Inhalte und Methoden aufeinander abgestimmt sein. Daraus ergibt sich, dass sowohl Schüler*innen als auch Lehrperson mit der Unterrichtsstunde zufrieden sind und die gesetzten Ziele erreicht werden. 4. Klare Leistungserwartungen und –kontrollen Das Niveau der Lernziele und Lernkontrollen sollte an die Bildungsstandards und das Leistungsvermögen angepasst sein und den Schüler*innen mitgeteilt werden. 5. Methodenvielfalt Die Unterrichtsformen sollten variieren, jedoch sollte darauf geachtet werden, dass die ausgewählte Methode dem Inhalt und Ziel entspricht. 6. Lernförderliches Unterrichtsklima Studien belegen, dass ein gutes Klima zum besseren Lernen beiträgt. Das Verhältnis zwischen Lehrenden und Lernenden und den Schülerinnen und Schülern untereinander sollte durch eine positive Grundeinstellung, Fairness, Höflichkeit und Respekt geprägt sein. 7. Sinnstiftende Unterrichtsgespräche In diesen Gesprächen setzen sich die Schüler*innen mit dem Thema auseinander. Dadurch können sie bereits Gelerntes mit neuem Stoff verknüpfen. Dies zeigt sich darin, dass sie in der Lage sind, Transferaufgaben leicht und selbstständig zu lösen. 8. Individuelles Fördern Die Lehrperson sollte auf die Lernfähigkeiten einer einzelnen Schülerin bzw. eines einzelnen Schülers eingehen, d.h. den Lernschwächeren Wissen vermitteln und bei den Leistungsstärkeren die Lernmotivation aufrechterhalten. 9. Intelligentes Üben Durch regelmäßiges Üben in immer größer werdenden Abständen verfestigen sich bestimmte Abläufe und werden gespeichert. 10. Schüler*innen-Feedback Durch schriftliche Verfahren, wie z.B. das Ausfüllen eines Fragebogens kann die Lehrkraft die Qualität ihres Unterrichts prüfen und somit auch Informationen von den Schülerinnen und Schülern erhalten, was er verbessern kann. (vgl. Meyer, 2003, S. 36-43).
Überfachliche Unterrichtsprinzipien Zu den wichtigsten Prinzipien der Unterrichtsgestaltung, die ihn in allen Schulstufen und Fächern bestimmen, zählen nach Schröder (2002, S. 86 f.): – Prinzip der Motivierung, – Prinzip der Veranschaulichung, – Prinzip der Aktivierung (Selbsttätigkeit), – Prinzip der Differenzierung (Individualisierung), – Prinzip der Erfolgsbestätigung (Rückmeldung), – Prinzip der Erfolgssicherung.
Unterrichtsformen Die Inhalte von Unterricht lassen sich durch unterschiedliche Methoden darbieten. Die häufigsten, die man im Schulalltag vorfindet, sind folgende: Frontalunterricht (lehrer*innenorientierter, vermittelnder Unterricht)
Wochenplanarbeit (Form des offenen Unterrichts)
Projektarbeit
(vgl. Wiechmann, 2008) Freiarbeit
(vgl. Reich, 2008) |
Didaktik
Didaktisches Dreieck Exemplarisches Lernen Freiarbeit Frontalunterricht Gruppenarbeit Handlungsorientierter Unterricht Offener Unterricht Projektunterricht Unterrichtskonzepte Unterrichtsplanung Unterrichtstörungen Unterrichtsverlauf |
Glöckel, H. (2003). Vom Unterricht. Lehrbuch der Allgemeinen Didaktik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt.
Maskus, R. (1976). Unterricht als Prozeß. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. Meyer, H. (2003). Zehn Merkmale guten Unterrichts, Empirische Befunde und didaktische Ratschläge. Pädagogik, 55. Jg., H. 10, S. 36-43. Schröder, H. (2002). Lernen-Lehren-Unterricht. Lernpsychologische und didaktische Grundlagen. München u.a.: Oldenbourg. Steindorf, G. (1995). Grundbegriffe des Lehrens und Lernens. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt Tulodziecki, G., Herzig, B. & Blömeke, S. (2004). Gestaltung von Unterricht. Eine Einführung in die Didaktik. Bad Heilbrunn: Verlag Julius Klinkhardt. Wiechmann, J. (2006). Schulpädagogik. Baltmannsweiler: Schneider-Verlag Hohengehren. Wiechmann, J. (2008). Zwölf Unterrichtsmethoden. Weinheim und Basel: Beltz-Verlag. |
Adl-Amini, B. (1991). Didaktische Modelle und Unterrichtsplanung. München: Juventa Verlag.
Apel, H.-J.(1982). Unterrichtsformen und –verfahren. Kulmbach: Baumann. Aregger, K. (1997). Unterrichtsformen/ Pädagogische Unterrichtsgestaltung. Aarau[u.a.]: Sauerländer. Brezinka, W. (1990). Grundbegriffe der Erziehungswissenschaft. Analyse Kritik Vorschläge. München [u.a.]: Reinhardt. Gagné, R. M. (1980). Die Bedingungen des menschlichen Lernens. Hannover: Schroedel. Hentig, H. von (1996). Bildung. Ein Essay. München [u.a.]: Hanser. Wiechmann, J. (1998). Die Orientierung an Peter Petersen: Die Kernideen. In: Wiechmann, J. (Hrsg.): Mitreißende Schulen. Reformpädagogische Konzepte als Programm. Braunschweig: Westermann, S. 101–114. |
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Kriterien guten Unterrichts nach Hilbert Meyer |
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Verantwortlich: Claudia Gómez Tutor, Zentrum für Lehrerbildung, TU Kaiserslautern und Olga Huber