Lerntheorien
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Lerntheorien umfassen Modelle, die die Bedingungen und Prozesse des Lernens beschreiben und erklären. So können sie einen Rahmen für didaktische Fragestellungen bieten. Unter diesem Oberbegriff werden in der Literatur die Klassische Konditionierung, die Operante Konditionierung, das Modelllernen, Lernen durch Einsicht, Kognitive Lerntheorien u.a. genannt. |
Die Zugänge, Lernen zu erklären, sind vielfältig. Neben mechanistischen Ansätzen (z.B. Klassisches Konditionieren) finden sich Modelle, die die aktive Auseinandersetzung des Individuums mit der Umwelt, resp. dem Lerninhalt voraussetzen (z.B. Lernen durch Einsicht). Weiterhin kann zwischen psychologisch-neurologischen Ansätzen und erkenntnistheoretischen Modellen unterschieden werden.
Übereinstimmung besteht weitgehend hinsichtlich des Ergebnisses. „Lernen“ wird von Zimbardo (1995, S. 263) als ein Prozess beschrieben, der zu einer „relativ stabilen Veränderung im Verhalten oder im Verhaltenspotential führt und auf Erfahrung aufbaut“. Zimbardo (1995, S. 263) verweist zudem darauf, das Lernen kein direkt beobachtbarer Prozess sei. Lernen kann nur aus dem anschließenden Verhalten geschlossen werden. Daher ist es aus seiner Sicht bedeutsam, zwischen dem was eine Person gelernt hat (Lernen) und dem Sichtbarwerden dieses Lernens (Performanz) zu unterscheiden. Für den schulischen Kontext bedeutet dies, dass sich einer Lernphase stets auch eine Umsetzungsphase anschließen muss, will man die Ergebnisse der Lernphase überprüfen. Klassische Konditionierung Die Klassische Konditionierung beschreibt Lernprozesse als Erlernen von Assoziationen zwischen zwei Reizen. Ein spezifischer Reiz (unkonditionierter Reiz) löst eine (reflexartige) Reaktion (unkonditionierte Reaktion – „unkonditioniert“, da sowohl Reiz wie Reaktion „natürlich“ auftreten, also nicht „gelernt“ sind, z.B. Niesen in Folge von Reizung). Zu dem unkonditionierten Reiz wird dann ein neutraler Reiz in raumzeitlicher Nähe angeboten. Nach einer Reihe von Durchgängen ruft der ursprünglich neutrale Reiz dann als konditionierter Reiz eine konditionierte Reaktion aus, die der unkonditionierten Reaktion ähnlich ist. Der Unterschied zwischen der unkonditionierten und konditionierten Reaktion liegt in der Regel in der Dauer und Intensität mit der die konditionierte Reaktion dem konditionierten Reiz folgt. Grundlegend für das Konzept der Klassischen Konditionierung war Iwan Petrovic Pawlow (auch Pavlov) (vgl. Essau & Conradt 2004, S.102f.). Klassische Konditionieren und Didaktik Bei der konkreten Gestaltung von Unterricht spielt die klassische Konditionierung eine untergeordnete Rolle (vgl. Stangl 2010b). Hinsichtlich des Erwerbs von emotionalen Reaktionen auf schulische Elemente und Vorgehensweisen (Prüfungsangst, Lernfreude u.ä.) kann das Modell zur Erklärung herangezogen werden. Operante Konditionierung Im Gegensatz zur Klassischen Konditionierung liegt der verhaltenskontrollierende Faktor zeitlich hinter der Reaktion. Handlungen haben Konsequenzen, die mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit auf das Verhalten folgen. Im Sinne von Verstärkern beeinflussen sie die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens. Unterschieden wird in der Regel zwischen der positiven Verstärkung (auf eine Handlung folgt eine Belohnung: die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens steigt), der direkten Bestrafung (auf eine Handlung hat eine aversive Folge: die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens sinkt), der negativen Verstärkung (die Handlung ist angetan, einen unangenehmen Zustand zu beenden: die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens steigt) und der direkten Bestrafung (eine bis dahin auftretende positive Konsequenz entfällt: die Auftretenswahrscheinlichkeit des Verhaltens sinkt) (vgl. Essau & Conradt 2004, S. 103). Burrhus Frederic Skinner gilt als einer der bekanntesten Vertreter (vgl. Pervin 1993, S. 363ff.). In „Walden Two“ entwirft Skinner eine Utopie einer auf den Prinzipien der operanten Konditionierung basierenden Gesellschaft. Operante Konditionieren und Didaktik Die Operante Konditionierung findet z.B. in Form von Belohnungssystemen Eingang in den schulischen Alltag. Die Spanne umfasst „einfaches“ Loben bis hin zu komplexen Token-Economy ähnlichen Modellen (vgl. Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie 1986, S. 99f.). Modelllernen Nach Pervin (1993, S. 406) erwirbt das Individuum eine Vielzahl von Fähigkeiten durch die Beobachtungen von anderen Personen (Modellen). Das Modelllernen oder Beobachtungslernen postuliert auch die Möglichkeit der Aneignung von Handlungen allein durch Beobachtung. Dadurch lassen sich dem Modell zufolge neben dem Handlungserwerb auch Prozesse wie der Spracherwerb beschreiben. Es kann zwischen der Imitation von Verhalten (einfache Wiederholung) und dem sozialen Lernen als komplexer Prozess unterschieden werden. In seiner sozial-kognitiven Theorie beschreibt Albert Bandura die möglichen Auswirkungen des Modelllernens: Die beobachtende Person erwirbt eine – bisher noch nicht im eigenen Repertoire vorhandene – neue Verhaltensweise, durch die Beobachtung wird die Auftretenswahrscheinlichkeit einer vorhandenen Verhaltensweise erhöht oder verringert und das beobachtete Verhalten hat einen Hinweischarakter, der ein spezifisches eigenes Verhalten auslöst. Die Phase der Aneignung (Akquisition) von Verhalten und die Phase der Ausführung (Performanz) lassen sich unterscheiden. Dabei sind vier Prozesse für das Modelllernen erforderlich (vgl. Stangl 2010a): Aneignung Aufmerksamkeitsphase: Die Person richtet ihre Aufmerksamkeit auf das Modell. Behaltensphase: Die Person ist in der Lage, die beobachtete Handlungssequenz zu speichern. Performanz Motorische Reproduktionsphase: Die Person ist prinzipiell in der Lage, das beobachtete Verhalten zu zeigen. Verstärkungs- und Motivationsphase: Die beobachtende Person ist bereit, das gezeigte Verhalten zu zeigen. Modellernen und Didaktik Im schulischen Kontext sind die lehrende Person wie die Mitschülerinnen und Mitschüler potentielle Modelle. Für einen erfolgreichen Erwerb sind dabei die oben genannten Phasen von Bedeutung. So können unpräzise Anweisungen eine Ausrichtung auf das relevante Verhalten wie den Behaltensprozess erschweren oder Anforderungen, die die motorischen Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler (derzeit) übersteigen eine Ausführung verhindern. Weiterhin ist zu gewährleisten, dass die Schülerinnen und Schüler motiviert sind, das Gelernte zu zeigen. Mit Blick auf die klassische Sicht des Lehrenden als Vorbild kommt dem Modelllernen eine besondere Bedeutung zu. |
erlernte Hilflosigkeit
Lernen Lerntypen |
Essau, C.A.: Aggression bei Kindern und Jugendlichen. München: Reinhardt Verlag. 2004.
Pervin L.A.: Persönlichkeitstheorien. München: Reinhardt. 1993. Stangl, W.: Lernen am Modell – Albert Bandura. URL/AVL: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/Modelllernen.shtml (Stand: 12.030.2010a). Stangl, W.: Signallernen, Reiz-Reaktionslernen, S-R-Lernen. URL/AVL: http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/LERNEN/KonditionierungKlassisch.shtml (Stand: 03.03.2010b). Verhaltenstherapie: Theorien und Methoden. Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie (Hrsg.). Tübingen 1986 Zimbardo, P.: Psychologie. Berlin: Springer. 1995 |
Bodenmann, G. & Perrez, M. & Schär,M. & Trepp, A.: Klassische Lerntheorien: Grundlagen und Anwendungen in Erziehung und Psychotherapie. Bern: Huber. 2004.
Skinner, B.F.: The behavior of organisms: An experimental analysis. D. Appleton-Century Co., Incorporated. 1938 Skinner, B.F.: Futurum zwei. „Walden two“. Die Vision einer aggressionsfreien Gesellschaft. Reinbek: rororo. 1983. |
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Kegel, G: Lerntheorien im Überblick, 5.3.2001 |
Verantwortlich: Rolf Arnold, FB Pädagogik, TU Kaiserslautern und Studierende; Thomas Prescher;