Begründen und Beweisen

Inhaltsverzeichnis:
Kurzdefinition:

Ein Beweis ist in der Mathematik der formal korrekte Prozess, in dem eine neue Aussage aus anderen bereits bestehenden und als wahr angenommenen Grundaussagen (Axiomen bzw. Postulate) unter Verwendung anerkannter logischer Schlussregeln folgt. Als Beweis wird von Kratz (1993) „… jede Form einer auf gedanklichen Überlegungen beruhenden Begründungen [sic!]…“ bezeichnet. „Ein Beweis ist ein Argument, das so gestaltet ist, dass es andere Leute davon überzeugen kann, dass eine Behauptung wahr ist.“ (Barnes, 1991, S.11)

„Eine theoretische oder praktische Aussage heißt begründet, wenn sie gegenüber allen vernünftig argumentierenden, wirklichen oder gedachten Gesprächspartnern zur Zustimmung gebracht werden kann“ (Tietze et al., 1997, S. 158). Der Begriff „Begründen“ ist also ein breiterer Begriff als der Begriff „Beweisen“ und bedeutet, dass für eine Aussage die Gründe angegeben werden, die in anderen Aussagen beinhaltet sind. Hierfür muss man elementare Regeln und Gesetze der Logik sowie Beweismethoden und Begründungstypen kennen und anwenden können.

Beschreibung:

Mathematik ist eine beweisende Disziplin. Beweisen hat formalen Charakter und ist mit Strenge der Schlussfolgerungen eng verbunden. Durch Beweisen wird auf logisch-folgernde Art neues mathematisches Wissen gewonnen und gesichert. Ein Beweis kann aufzeigen, ob eine Behauptung wahr ist bzw. darlegen, warum eine Behauptung wahr ist. Begründen und Beweisen gehören zu den übergeordneten allgemeinen Kernkompetenzen, die im Mathematikunterricht, gebunden an geeignete Lerninhalte, vermittelt werden sollen. Für die Schule bedeutet dies, dass möglichst ein Konsens über die anerkannten Regeln zwischen den Schülerinnen und Schülern sowie der Lehrperson bestehen sollte.

Im Mathematikunterricht gibt es unterschiedliche Niveaustufen des Beweisens, die mit seiner Darstellung bzw. Repräsentationsform zusammenhängen. Wenn die von Schülerinnen und Schülern bzw. Lehrperson im Mathematikunterricht angewendeten Regeln die in der Mathematik als universitäre Fachwissenschaft üblichen Regeln auf der Grundlage formaler Logik sind, spricht man von einem formal-deduktiven Beweis. Hierbei müsste auf exakte Anwendung der Gesetze der Logik (somit müssten diese bekannt sein), auf die bekannten Axiome, Definitionen und Sätze geachtet werden.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass es in der Schule aus verschiedenen Gründen sinnvoll sein kann, auf anderen Niveaustufen zu arbeiten, und zwar: mit präformalen Beweisen. Diese werden auch als inhaltlicher bzw. inhaltlich-konkreter Beweis genannt. Unter einem präformalen Beweis wird eine Kette von korrekten Schlüssen, „die auf nicht-formale, also enaktive oder inhaltlich-anschauliche Prämisse zurückgreifen“, verstanden (Blum & Kirsch, 1996, S. 185). Diese präformalen Beweise unterscheiden sich voneinander durch den Grad formaler Exaktheit. Es sind enaktive, ikonische und experimentelle Beweise zu nennen (basiert auf der Theorie der Darstellungsebenen von J.Bruner). Als experimentell wird ein Beweis bezeichnet, bei dem aus endlich vielen erfolgreichen Beispielen und unter Einhaltung der üblichen Konventionen  auf eine Allgemeingültigkeit geschlossen wird (wobei auch Schüler und Schülerinnen ein Gespür dafür haben oder entwickeln können, dass man „eigentlich“ unendlich viele Beispiele betrachten müsste). Bei den enaktiven Beweisen werden Sachverhalte durch eigene Handlungen mit konkretem Material erfasst. Ikonische Beweise werden unter Rückgriff auf Zeichnungen oder Modelle geführt.

Bei den präformalen  Beweisen kann man von der formalen Strenge zu den präformalen Beweisen auf unterschiedliche Art abweichen:

  • Mündliche Argumentation statt schriftlicher Fixierung
  • Exemplarische Durchführung an einem Beispiel
  • Unvollständige Induktion
  • Bezugnahme auf eine Figur
  • Verwendung von dynamischer mathematischer Software
  • Verwendung von Umgangssprache statt formaler Schreibweise
  • Verkürzung der Kette der Beweisschritte
  • Verzicht auf lückenlose Angabe der Axiome, Definitionen und Sätze
  • Reduzierung der Angabe von Begründungen
Interne Verweise:
Beweis als Prozess

Üben

Verwendete Quellen:
Barnes, M.: Investigating change: An introduction to calculus for Australian schools. Units 1-5 and Taechers‘ Handbook for Units 1-5. Melbourne: Curriculum Corporation. 1991.

Blum, W. & Kirsch, A.: Preformal proving: Examples and reflections. Educational Studies in Mathematics. 1991. Volume 22, Number 2, 183-203.

Holland, G.: Geometrie in der Sekundarstufe Didaktische und methodische Fragen. Heidelberg: Spektrum Akademischer Verlag. 1996.

Kratz, J.: Zentrale Themen des Geometrieunterrichts. München: bsv-Verlag. 1993.

Tietze, P., Klika, M., Wolpers, H.: Mathematikunterricht in der Sekundarstufe II, Band 1: Fachdidaktische Grundfragen – Didaktik der Analysis Wiesbaden: Vieweg Verlag. 1997.

Weiterführende Literatur:
Barzel, B., Büchter, A., Leuders, T.: Fachmethodik: Mathematik-Methodik: Handbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor. 2007.

Knipping, C.: Beweisprozesse in der Unterrichtspraxis. Hildesheim, Franzbecker. 2003.

Malle, G.: Begründen. Mathematik lehren, Heft 110, Februar 2002.

Zech, F.: Grundkurs Mathematikdidaktik. Weinheim: Beltz. 2002.

Internetverweise:

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Warum? Argumentieren, Begründen, Beweisen

Argumentieren, Begründen, Beweisen im Mathematikunterricht

Materialien:
Begründen und Beweisen

Verantwortlich: Claudia Gómez Tutor, Zentrum für Lehrerbildung, TU Kaiserslautern und Olga Zhuravleva