Von KiWiSS 23. September 2024
Mit (ko-)kreativen Bildungsprozessen im Selbststudium zu mehr Kontinuität im Workload – Tagungsbeitrag in Aachen
Stefen Müller berichtet anlässlich seines Vortrags auf der Tagung „Evaluation ko-kreativ gestalten“ vom 02.bis 03. September 2024 in Aachen.
Bildungsprozesse sind komplex und vielschichtig. Neben fachlichen Inhalten gewinnen immer mehr überfachliche Kompetenzen wie bspw. Kreativität, analytisches Denken oder Lernen zu lernen an Bedeutung. Den wachsenden Anforderungen gegenüber stehen prall gefüllte fachliche Curricula, die scheinbar wenig Raum für zusätzliche Inhalte oder Themen in der Lehre lassen. Dabei ist das Selbststudium ein Raum, in dem die Studierenden oft alleine gelassen werden. Mit Blick auf das zumeist geringe Zeitinvestment (Workload) im Selbststudium gegenüber dem Präsenzstudium zeigt sich Entwicklungspotenzial.
Im Studienprozess wirkt vieles über Lehrende auf die Studierenden ein. Auf diese Weise gestalten Lehrende das Selbststudium mit z. B. ob einer kontinuierlichen Studientätigkeit nachgegangen wird oder die Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen als vermeidbar angesehen wird. Das Selbststudium kann somit als ein Gestaltungsfeld für Lehrende angesehen werden, das ko-kreativ also als umfassende Partnerschaft zwischen Lehrenden und Studierenden angelegt werden kann. Schließlich sind Studierende – konstruktivistisch betrachtet - aktive Ko-Produzenten ihres Lernens und seitens der Lehrenden ist die gemeinsame Kreation im Sinne der kreativen Gestaltung von Lehre auch von didaktischer Bedeutung.
Dem Gestaltungspotenzial des Selbststudiums sollten sich Lehrende bewusst sein - insbesondere, wenn es darum geht z. B. durch bestimmte Formen der Aufgabenstellung, der Betreuung oder des Feedbacks das Studierverhalten und damit gleichzeitig Workload zu beeinflussen. Ausgewählten Bausteinen und Begründungslinien für ein Lehrveranstaltungskonzept, welches das Selbststudium und den Workload in den Blick nimmt, wird in dem von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderten Projekt KiWiSS nachgegangen. Ziel des Lehrveranstaltungskonzepts, das z. Z. an der RPTU in Kaiserslautern pilotiert wird, ist die stärkere Verzahnung des Präsenzstudiums mit dem Selbststudium, um durch die stärkere Strukturierung des Selbststudiums ein kontinuierlicheren Workload zu erreicht, zeitliche Überforderungen zu entzerren und die Möglichkeit zu eröffnen, extracurriculare Schlüsselkompetenzen zu entwickeln, bzw. Fachinhalte zu vertiefen oder fachliche Defizite auszuräumen.
Mit der Gestaltung von Selbststudienzeiten wird nicht nur einem oftmals wenig beachteten Teil des Studiums Aufmerksamkeit geschenkt, sondern Aspekten wie formaler Studierbarkeit oder der Gestaltung zeitgemäßer gemeinschaftlicher Bildungsprozessen nachgekommen, um den Herausforderungen und der Komplexität von Welt zu begegnen aber auch die Voraussetzungen für lebenslanges Lernen zu schaffen.
Zum Tagungsbeitrag gibt es einen gleichnamigen Artikel, der im Sammelband der Tagung (voraussichtlich im Frühjahr 2025) veröffentlicht wird.