Schlussfolgerndes Denken

Kurzdefinition:
Schlussfolgerndes Denken stellt eine Kernkompetenz in der Auseinandersetzung mit Unterrichtsinhalten dar, um von bekannten Inhalten auf unbekannte Zusammenhänge zu schließen. Es wird induktives, deduktives und analoges Denken unterschieden.
Beschreibung:
Oerter & Dreher (1995, S. 590ff.) sehen darin die Fähigkeit – neben der Sammlung von Einsichten und Erkenntnissen durch Wahrnehmung – „Sachverhalte zueinander in Beziehung [zu] setzen und Rückschlüsse zu ziehen“. So sind Kinder in der Lage aus gegeben Informationen, nicht unmittelbar zugängliche Inhalte zu erarbeiten. Als Grundgedanken formulieren die Autoren, dass aus etwas Gegebenem etwas Neues geschaffen wird.

So können sich Individuen einen Sachverhalt genauer erschließen, indem sie erkennen, was implizit enthalten ist. Sie können aus wiederkehrenden Phänomenen Regelmäßigkeiten und Wirkungszusammenhänge ableiten und sie erkennen Ähnlichkeiten, die es ihnen ermöglichen, Bekanntes auf Unbekanntes zu übertragen. Zwei Anforderungen leiten Oerter & Dreher (1995, S. 591) daraus ab:

  • Das Problem der Gültigkeit oder Verlässlichkeit: Wie kann sichergestellt werden, dass die Schlussfolgerungen, die ein Individuum vornimmt, zutreffen?
  • Das Problem der Innovation: Wie entsteht ein neues Verständnis? Wie erkennen Menschen Zusammenhänge von Sachverhalten, die zunächst nebeneinander stehen?

Deduktives Denken
Steht im Rahmen einer Denkoperation, im Sinne schlussfolgerndem Denkens, die logische Gültigkeit im Vordergrund, sprechen Braine & Rumain (1983 zitiert nach Oerter & Dreher (1995, S. 591) von deduktivem Schließen oder logischem Schließen. Aus den Vorgaben (Prämissen) leitet sich eine Schlussfolgerung (Konklusion) zwingend ab. Beim deduktiven Denken tritt hinzu, dass vom Allgemeinen, der allgemeinen Gültigkeit, auf das Besondere, den Einzelfall, geschlossen werden kann. So können allgemein Inhalte auf einzelne Sachverhalte angewendet werden. Schönpflug & Schönpflug (1997, S. 188) verdeutlichen dies mit folgendem Beispiel:

  1. „Alle Passagiere wurden gerettet
  2. Horst Fischer war ein Passagier
  3. Also wurde Horst Fischer gerettet.“

Induktives Denken
Beim induktiven Schießen zielt die Erfahrung im Besonderen auf die Entwicklung allgemeiner Aussagen. Hier kommt es zur Erweiterung von Wissen und Erfahrung bei der Beobachtung von einzelnen Phänomenen, durch eine Entwicklung allgemeiner Regelhaftigkeiten oder die Anwendung auf andere Fälle. Das Risiko induktiven Schließens liegt darin, dass über das gegebene hinaus gegangen wird und bis zum Beweis des Gegenteils die Gültigkeit der abgeleiteten Regel gilt. Schönpflug & Schönpflug (1997, S. 187) verweisen hier auf das Beispiel des Attentates von Kennedy, bei dem geschlussfolgert wurde, dass Kennedy zu den einflussreichsten Familien gehörte, weshalb auch andere Familienmitglieder als potentiell gefährdet eingestuft wurden. Damit kann verdeutlicht werden, dass Schlussfolgerndes Denken auch dazu dient, Prognosen über die Zukunft zu formulieren. Die formale Induktion kann wie folgt lauten (Schönpflug & Schönpflug 1997, S. 198):

  1. „Das Attentat galt dem Präsidenten als reichem, liberalem, ehrgeizigem Angehörigen der Kennedy-Familie
  2. Robert und Edward sind ebensolche Angehörige der Kennedy-Familie
  3. Also werden auch sie von den Neidern verfolgt.“

Analoges Denken
Analogie bezeichnet zunächst Ähnlichkeit zwischen zwei Strukturen, die aber nicht die gleiche Entstehungsgeschichte haben (griech.: analogia von analogos, ana+logos = Entsprechung). „Die getroffenen Beziehungen können dabei innerhalb gleicher Begriffsklassen angesiedelt sein (z.B. Möbel/Tisch) oder Begriffe verschiedener Klassen miteinander verbinden (z.B. Koffer/Tragen) (vgl. Schönpflug & Schönpflug 1997, S. 209).

Oerter & Dreher (1995, S. 592) bezeichnen dieses Vorgehen auch als induktives Schließen: „Hierbei wird von der Übereinstimmung in einigen Punkten auf Entsprechung/Ähnlichkeit auch in anderen Punkten bzw. auf die Gleichheit von Verhältnissen geschlossen. Diesem Schluss wird zwar aus logischer Perspektive die geringste Zuverlässigkeit zugewiesen, seine erkenntnisgenerierende Funktion ist jedoch unumstritten und in der Analogie Theorie der Innovation expliziert.“

Interne Verweise:
Analogie

Beobachtungs- und Bewertungsfehler

Leistungsbeurteilung

Lernerfolgsmessung

Notengebung

Verwendete Quellen:
Oerter, R. & Dreher, M.: Entwicklung des Problemlösens. In: Oerter, R. & Montada, L. (Hrsg.). Entwicklungspsychologie. Weinheim: Psychologie Verlags Union. 1995. S. 561-621.

Schönpflug, W. & Schönpflug, U.: Psychologie. 4. Auflage. Weinheim: Psychologie Verlagsunion. 1997.

Weiterführende Literatur:
Harsch, G. & Heimann, R.: Didaktik der organischen Chemie nach dem PIN-Konzept: Vom Ordnen der Phänomene zum vernetzten Denken. Berlin: Springer Verlag, 1998.

Heimann, R.: Das Experiment – Ein Instrument zur Förderung des selbständigen Denkens. In: Rossa, E. (Hrsg): Chemie Didaktik – ein Praxishandbuch für die Sekundarstufe I und II. Berlin: Cornelsen Scriptor. 2005.

Internetverweise:
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Trainingsmöglichkeiten des schlussfolgernden Denkens

Was bedeutet schlußfolgerndes Denken? (Stangl, 2018)

Materialien:

Verantwortlich: Rolf Arnold, FB Pädagogik, TU Kaiserslautern und Thomas Prescher;

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