Schlüsselqualifikationen

Inhaltsverzeichnis:
Kurzdefinition:
Schlüsselqualifikationen beschreiben Fähigkeiten, die in der Regel keine direkten Ziele von Bildungsangeboten darstellen (im Sinne von curricularen Lerninhalten), die jedoch im Prozess des Lernens vermittelt werden.
Beschreibung:
Der Begriff wurde von Mertens (1974) eingeführt. Mit diesem Begriff sollten „Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten“ gekennzeichnet werden, „welche nicht unmittelbaren, begrenzten Bezug zu bestimmten, disparaten praktischen Fähigkeiten erbringen, sondern a) die Eignung für eine große Zahl von Positionen und Funktionen als alternative Optionen zum gleichen Zeitpunkt und b) den Zeitpunkt und die Eignung für die Bewältigung einer Sequenz von (meist unvorhersehbaren) Änderungen von Anforderungen im Laufe des Lebens“ darstellen (Mertens 1974 zitiert nach Arnold & Pätzold 2002, S. 46). In der Diskussion der 80er Jahre wurde das Ziel formuliert „die Auszubildenden […] zum selbständigen Planen, Durchführen und Kontrollieren` der beruflich angezeigten Aufgabenbewältigungen zu qualifizieren.“ (Arnold & Petzhold 2002, S. 46). Im beruflichen Kontext lassen sich in der Literatur eine Reihe von Schlüsselqualifikationen finden, die unter dem Begriff „Soft-Skills“ als grundlegende Kompetenzen für den Beruf gelistet werden (vgl. Winkels 2008).

  • Teamorientierung: Fähigkeit, in einem Team zu arbeiten und die Effizienz des Teams zu erhöhen; Integrationsfähigkeit; Teamgeist;
  • Kommunikationsfähigkeit: Fähigkeit zur angemessenen Ver- und Entschlüsselung von Botschaften; Erkennen verbaler, paraverbaler und nonverbaler Signale und deren erfolgreichen Einsatz in Kommunikationssituationen;
  • Organisationsfähigkeit: Fähigkeit zur Ordnung, Planung und gezielten Umsetzung von Maßnahmen; Fähigkeit Prioritäten zu setzen; Strukturierung von Abläufen für sich und andere;
  • Flexibilität: Bereitschaft, sich auf neue Situationen und Abläufe einzulassen; Offenheit für neue Tätigkeitsbereiche; (Problem: wird von Vorgesetzten mitunter verstanden als Generalbegründung für unstrukturierte Zuweisung von Aufgaben)
  • Mobilität: Räumliche Flexibilität; (taucht diese Anforderung in der Stellenanzeige oder dem Bewerbungsgespräch auf, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie auch eingefordert wird)
  • Emotionale Intelligenz (auch soziale Kompetenz): Sammelbegriff für Umgang mit Menschen; umfasst Aspekte der Team-, Kommunikations- und Integrationsfähigkeit
  • Motivation: Bereitschaft für selbstgesteuerten Einsatz im Berufsalltag; Selbstregulierungskompetenz; ein Maß für Fähigkeit zu autonomen Handeln;
  • Durchsetzungsvermögen: Fähigkeit zur Darstellung von (An-) Forderungen; Fähigkeit, diese auch durchzusetzen; Bereitschaft zur (konstruktiven) Auseinandersetzung; Streitkultur;
  • Kreativität: Sammelbegriff für innovatives Handeln; umfasst Bereiche wie Fantasie, Imagination und Assoziationsvermögen, Mut, Dinge ungewohnt und neu anzugehen, Spaß an Gestaltung;
  • Analytisches und logisches Denken: Erkennen und Strukturieren von Mustern in größeren Zusammenhängen; Fähigkeit zur Schwerpunktsetzung (vgl. Organisationsfähigkeit); Deduktive und induktive Kompetenzen (vom Allgemeinen ins Spezielle, resp. vom Speziellen ins Allgemeine)
  • Belastungsfähigkeit: Fähigkeit, unter Belastung Leistung, Freundlichkeit, Konzentration beizubehalten;
  • Selbständigkeit: (vgl. auch Motivation) Fähigkeit, Aufgaben zu übernehmen und selbstgesteuert zum Abschluß zu bringen, Mut und Augenmaß eigene Entscheidungen zu treffen;
  • Enthusiasmus: Fähigkeit, sich und andere für Inhalte zu begeistern;
  • Humor: Fähigkeit, sich selbst und andere nicht zu ernst zu nehmen, ohne dabei verletzend zu werden, setzt hohes maß an emotionaler Intelligenz voraus;
  • Konzentrationsfähigkeit: Fähigkeit, sich einer Sache zu widmen, auch wenn andere Inhalte als Störfaktor auftreten;
  • Optimismus: Fähigkeit, in angemessenem Maß ein Problem positiv anzugehen, Schwierigkeiten als Herausforderung anzusehen, zielorientiert zu denken;
  • Kritik- & Selbstreflexionsfähigkeit: Fähigkeit, Kritik anzunehmen, resp. zu geben; Fähigkeit, das eigene Verhalten kritisch zu prüfen;
  • Performance: Fähigkeit, sich selbst und Inhalte angemessen darzustellen; Situationskompetenz, welche Darstellung ist wann angemessen?
  • Risikobereitschaft: Bereitschaft, sich (in Abhängigkeit von der bekleideten Position) Risiken zu stellen, setzt unbedingt Fähigkeit zum Risikomanagement voraus;
  • Fähigkeit zur Bildung sozialer Netzwerke: Umfasst die Fähigkeit, tragfähige berufliche Kontakte und Beziehungen zu bilden und diese zum wechselseitigen Nutzen der Beteiligten in Anspruch zu nehmen (beachte: Abgrenzung zum Begriff der Seilschaften)

„Schule hat zunehmend die Aufgabe, neben der Vermittlung von Grund- und Fachqualifikationen Kompetenzen zu vermitteln, die selbstständiges Handeln in Familie und Gesellschaft sowie Arbeit und Beruf ermöglichen. Spenlen bezieht sich auf Empfehlungen des Landesausschusses für Berufsbildung des Landes NRW, ‚die Ausbildung personaler und sozialer Kompetenzen wie z.B. Teamfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, Kreativität, Selbstständigkeit, Problemlösefähigkeit, Lernbereitschaft, Lernfähigkeit, Flexibilität, Entscheidungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit‘ neben den (fachlichen) Basisqualifikationen zu vermitteln.“ (Spenlen, learn:line)

Arnold & Pätzold (2002, S.46) fordern die Herstellung einer Lernkultur, die geeignet ist, „den Lernenden [zu] aktivieren und zu selbst gesteuertem und handlungsorientiertem Lernen an[zu]leiten. […] Schlüsselqualifikationen erfordern somit kein weiteres Schulfach, sie entwickeln sich vielmehr dann, wenn die inhaltlich notwendigen Lernprozesse in den Bildungseinrichtungen grundlegend anders arrangiert werden.“

Arnold & Pätzold (2002, S.47) zeigen verschiedene Schlüsselqualifikationen auf, die im Rahmen von Unterricht vermittelbar sind:

Ebenen der Schlüsselqualifikationen Beispiele für die erforderlichen Kompetenzen auf den verschiedenen Ebenen
Allgemeine Qualifikationen
  • schriftliche und mündliche Ausdrucksfähigkeit
  • logische und analytische Denkfähigkeit
  • Problemlösungsfähigkeit
  • Konzentrationsfähigkeit
  • Kreativität
Fachliche Qualifikationen
  • Je nach Bildungs-/Ausbildungsgang unterschiedlich, z.B.:
  • Messtechnik beherrschen
  • Arbeitsschutzbestimmungen berücksichtigen
  • Anlagen warten
  • über Fremdsprachenkenntnisse verfügen
  • PC als Werkzeug benutzen
Methodische Qualifikationen
  • Wissen selbstständig erarbeiten
  • Informationen ordnen
  • Informationen aufbereiten
  • das eigene Lernen organisieren
Soziale Kompetenzen
  • Konflikte austragen und konstruktiv lösen können
  • in Gruppen zusammenarbeiten können
  • kommunizieren können
  • zuhören können
  • Gespräche moderieren, leiten und zusammenfassen können
Emotionale Qualifikationen
  • die eigenen Gefühle kennen und ausdrücken können
  • mit Angst und Krisen umgehen können
  • eigene Projektionen erkennen und zurücknehmen können
  • sich in die Gefühle anderer versetzen können
  • emotionale Unterstützung geben können
Interne Verweise:
Handlungsorientierter Unterricht

Kompetenz

Portfolio

Situiertes Lernen

Verwendete Quellen:
Arnold, R. & Pätzold, H.: Schulpädagogik kompakt. Prüfungswissen auf den Punkt gebracht. Berlin: Cornelson Scriptor. 2002.

learn:line: www.learn-line.nrw.de ; Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hrsg.)

Winkels, R.: Foliensätze Kommunikation. Grundlagen. Unv. Seminarunterlagen. 2008.

Weiterführende Literatur:
Arnold, R. & Müller, H.-J. (Hrsg.): Kompetenzentwicklung durch Schlüsselqualifizierung. Baltmannsweiler: Verlag Schneider Hohengehren. 1999.

Mertens, D.: Schlüsselqualifikationen. Thesen zur Schulung für eine moderne Gesellschaft. In: Mitteilungen aus der Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Heft 7, 1974, S. 36-43.

Spenlen, K.: Schlüsselqualifikationen I – Aufgaben und Ziele. In: Schulverwaltung NRW, 10.Jg., April 1999, Nr. 4

Spenlen, K.: Schlüsselqualifikationen II – Grundlagen und Ansätze, in: Schulverwaltung NRW, 10. Jg., Mai 1999, Nr. 5

Wilsdorf, D.: Schlüsselqualifikationen: Die Entwicklung selbstständigen Lernens und Handelns in der Berufsausbildung. München: Winter. 1991.

Internetverweise:
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Die Zeit: Soft Skills für den Unterricht. ZEIT online 16.2.2008

Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Weiterbildung: Schlüsselqualifikationen – Chancen und Grenzen der Berufsorientierung durch Schule

Naturwissenschaftlicher Unterricht im Kontext allgemeiner Bildung

Materialien:
Folien_Schluesselqualifikationen

Verantwortlich: Rolf Arnold, FB Pädagogik, TU Kaiserslautern und Waltraud Amberger